Hessischer Bildungsserver

Kompromiss über hessischen Verfassungsentwurf

Beschreibung

Da in der Verfassungberatenden Landesversammlung von den Mehrheitsverhältnissen her keine der beiden großen Parteien ihre verfassungspolitischen Vorstellungen allein durchsetzen kann und eine im Verfassungsausschuss in Kampfabstimmungen gegen CDU/LDP zur Realität gewordene Mehrheit SPD/KPD nicht als tragfähig für den Verfassungsentwurf gilt, wird unter Termindruck der US-Militärregierung zwischen Vertretern von SPD und CDU auf dem Höhepunkt der Spannungen ein Kompromiss über Veränderungen des SPD-KPD-Entwurfs vereinbart, der den Abschluss des hessischen Verfassungswerkes bis Dezember 1946 möglich macht. - Nach dem sogenannten historischen Kompromiss akzeptiert im Ergebnis die CDU in der staatlichen Struktur das Einkammersystem, ohne ein Staatspräsidentenamt, und in der Wirtschaftsverfassung die Sozialisierung (Bergbau, Eisen- und Stahlerzeugung, Energiewirtschaft, Schienenverkehr) bei Ausnahme der chemischen Industrie, außerdem die Anerkennung des gewerkschaftlichen Streikrechts und des Aussperrungsverbots sowie - unumstritten - des Mitbestimmungsrechts für Betriebsräte; dafür werden die Kirchen in ihrer Stellung gefestigt, private Träger im System der Sozialversicherung zugelassen und mit der Gemeinschaftsschule als Regelschule wird vorbehalten, in der Zukunft auch Privat- und Konfessionsschulen wieder erlauben zu können; als weiteren Punkt formuliert die Vereinbarung die Unentgeltlichkeit des Unterrichts. - Der Verfassungsentwurf nach dem Kompromiss zwischen SPD und CDU wird am 02.10. in zweiter Lesung bei Enthaltung von KPD und LDP verabschiedet, anschließend der Militärregierung für Groß-Hessen und von dieser der amerikanischen Militärregierung für Deutschland (OMGUS) zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt.

Datum 30.09.1946